Braunschweig liegt ab Freitag (16. Februar) im Medien-Fokus. Grund zur Freude ist das allerdings nicht. Christian B. wird am Landgericht der Prozess gemacht. Die Vorwürfe: Vergewaltigung und Missbrauch.
Doch um den mutmaßlichen Mord an Maddie McCann soll es in Braunschweig nicht gehen. Vor Prozess-Beginn erhebt jetzt allerdings Christian B.s Pflichtverteidiger Friedrich Fülscher schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft.
Braunschweig: „Einseitig und zum Teil rechtswidrig“
Seit mehr als drei Jahren laufen die Ermittlungen gegen Christian B. – es ist kein Geheimnis, dass die Staatsanwaltschaft Braunschweig davon ausgeht, dass B. Maddie McCann getötet hat. Doch bislang reichte es nicht für eine Anklage. Worauf sich die Überzeugung stützt, ist völlig unklar. Gereicht, hat es aber offenbar in anderen Fällen. Fällen, in denen Frauen und Kinder grausames durchgemacht haben sollen.
Die Vorwürfe sind nichts für schwache Nerven. Drei schwere Vergewaltigungen und zwei sexuelle Missbräuche von Kindern werden Christian B. am Freitag vorgeworfen. Von Fesseln, Peitschen und von einem Messer ist die Rede.
Wer die grausamen Taten begangen hat, ist für die Staatsanwaltschaft Braunschweig klar: Christian B. Doch sein Pflichtverteidiger Friedrich Fülscher hält dagegen, erhebt jetzt schwere Vorwürfe gegen die Ermittler. „Diese [Ermittlungen] waren einseitig und zum Teil rechtswidrig“, erklärt Fülscher im News38-Interview.
„Befeuert die Vorverurteilung des Angeklagten“
Er geht sogar noch einen Schritt weiter. Der Anwalt deutet an, dass die Staatsanwaltschaft teilweise nicht sauber gearbeitet hätte: „Tricksen und Täuschen sind Dinge, die in einem rechtsstaatlichen Verfahren nichts verloren haben“, so Friedrich Fülscher weiter. Nähere Details konnte er nicht nennen. „Konkreter werden, kann ich erst im Verfahren.“
Was Fülscher außerdem sauer aufstößt: Die Medienarbeit der Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen um Maddie McCann finden seit Jahren in der Öffentlichkeit statt. Ohne stichhaltige Beweise, offenbart die Staatsanwaltschaft öffentlich, dass Christian B. die damals dreijährige Maddie getötet haben soll. Für Friedrich Fülscher ein Unding: „Diese [Medienarbeit] befeuert die Vorverurteilung des Angeklagten.“
Deshalb mache er sich auch im anstehenden Prozess Sorgen. „Meine größte Sorge ist, dass es nicht gelingen könnte, dem Angeklagten ein faires Verfahren zu gewährleisten.“ Die öffentliche Vorverurteilung sei ein mächtiger Einfluss, wie er weiter erklärt. Und dagegen müssten er und seine Kollegen ankämpfen.
Wie standhaft ist die Anklage?
Nicht nur bei Maddie, auch im anstehenden Prozess, fehlt es teilweise an wichtigen Infos. Denn zwei Opfer-Identitäten kennt die Staatsanwaltschaft gar nicht – auch die intensiven Ermittlungen des Bundeskriminalamts (BKA) konnten sie nicht ausfindig machen, wie Fülscher offenbart. Wann die Vergewaltigungen stattgefunden haben, wissen die Ermittler außerdem nicht.
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Dass es die Opfer gibt, stützt die Staatsanwaltschaft auf die beiden Zeugen-Aussagen von Helge B. und Manfred S. Beide sagten der Polizei, dass sie die Taten auf Video gesehen hätten, die Christian B. aufgenommen haben soll. Doch die Aufnahmen sind bislang nie aufgetaucht. Besonders Helge B. verstrickt sich in widersprüchliche Aussagen, wo die Kassetten jetzt liegen.
Wie erklärt sich Friedrich Fülscher das Verhalten der beiden Zeugen? Lügen sie? Und wenn ja, wieso? Der Verteidiger macht klar: „Man sollte sich nicht nur die Frage stellen, ob ein Zeuge lügt, sondern auch ob er sich gegebenenfalls irrt.“ Ob es sich um Lüge oder Irrtum handelt, kann Fülscher aber bei beiden Männern nicht sagen. „Das wird sich in den Vernehmungen zeigen.“
Maddie McCann-Fall als Podcast-Thema
Friedrich Fülscher deutet an, dass die Behörden versuchen würden, die Verjährungsfrage zu umgehen. Was das genau heißt, will er nicht weiter ausführen – und verweist auf das Verfahren.
Doch mit Anwalts-Kollege Alexander Stevens hat er darüber in dem neuen Podimo-Podcast „Staranwälte und ihre größten Fälle“ gesprochen und seine Vermutung weiter ausgeführt. Dabei spricht Stevens mit den berühmtesten Anwälten Deutschlands über die Fälle, die Schlagzeilen schreiben. Am Donnerstag (15. Februar) feiert der Podcast Premiere.
Zuletzt macht Friedrich Fülscher eine Sache gegenüber News38 ganz deutlich. Im Fall Maddie McCann ist er sich sicher: „Ich habe bisher nicht den geringsten Grund an der Unschuld meines Mandanten zu zweifeln.“