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VW lässt Mitarbeiter weiter zittern – „Kann ich nicht abschätzen“

Im VW-Stammwerk in Wolfsburg wabert es weiter. Noch wissen die Tausenden Beschäftigten hier nicht, wie genau es für sie weitergeht.

VW-Betriebsratschefin hielt am Mittwoch eine emotionale Brandrede.
VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo hielt am Mittwoch eine emotionale Brandrede. (Archivbild) Foto: Roland Niepaul / Volkswagen

Das war wahrlich kein Nikolaus-Geschenk für die VW-Belegschaft in Wolfsburg: Die VW-Mitarbeiter müssen weiter zittern. Klar ist nur, dass nichts klar ist.

Nach der Betriebsversammlung im Wolfsburger Stammwerk am Mittwoch (6. Dezember) müssen die Beschäftigten also noch bangen. Sie hatten sich viel erhofft, aber offenbar gibt es schlichtweg noch nichts Handfestestes in Sachen „Performance-Programm“.

VW: Klarheit bis Weihnachten?

Bis Weihnachten allerdings solle Klarheit herrschen, heißt es in einem im VW-internen Intranet erschienenen Artikel, der News38 vorliegt. Demnach sei das „Performance-Programm“ auf der Zielgeraden – Eckpunkte sollen noch vor Weihnachten stehen, heißt es darin.

Foto: Roland Niepaul

Die Gespräche zwischen Betriebsrat und VW seien „in der heißen Phase angekommen“. Die gemeinsame Botschaft an die VW-Belegschaft im Stammwerk laute dennoch: Noch sind keine Vorentscheidungen gefallen. Für Einzelheiten sei es demnach „viel zu früh“. Gleichzeitig, so die übereinstimmende Aussage, sollen die zentralen Inhalte noch vor Weihnachten stehen und dann natürlich auch mitgeteilt werden.

VW: Cavallo ist zuversichtlich

VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo sagte, sie sei ganz zuversichtlich, dass das mit den Eckpunkten bis Weihnachten klappt. „Wann genau es so weit sein wird, kann ich aber noch nicht abschätzen“, sagte Cavallo. Das „Performance-Programm“ solle und müsse erfolgreich werden. „Erfolgreich für unsere Zukunftssicherung: Für die Beschäftigten und unsere Wettbewerbsfähigkeit. Allerdings: Qualität ist dabei wichtiger als Schnelligkeit“, sagte sie in Halle 11 vor Tausenden VW-Werkern in Wolfsburg.


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Zudem bekräftigte sie einmal mehr die roten Linien der Arbeitnehmer-Vertretung: „Kein Abrücken von unseren Tarifverträgen! Kein Abrücken von unserer Beschäftigungs-Sicherung! Klare Zielbilder für Marke, Standorte, Bereiche und für die Beschäftigung! Und bessere Konzern-Steuerung und Zusammenarbeit der Marken!“

VW: Forderungen in Sachen ATZ

In Sachen Altersteilzeit (ATZ) richtete sich Cavallo direkt an die VW-Chefetage. Weil der geplante Wandel nur sozialverträglich ablaufen könne, stehe bereits jetzt schon fest: „Wir können gar nicht anders, als unsere erfolgreiche Altersteilzeit im Rahmen des ‚Performance-Programms‘ fortzusetzen. Wir benötigen also schleunigst Einigkeit dazu, dass wir gleich im ersten Quartal nächstes Jahr den Jahrgang 1967 für die ATZ öffnen – und zwar mit langen Laufzeiten.“ Auch müsse entschieden werden, „„“ob wir den derzeit bereits geöffneten Jahrgang 1966 noch erweitern. Zum Beispiel für die Kolleginnen und Kollegen im Tarif-Plus, die bisher nur kürzere Laufzeiten bekommen sollen. Für die müssten eigentlich auch sechs Jahre möglich werden, wenn es das Unternehmen ernst meint mit dem Ziel, die Chancen der demografischen Kurve maximal zu nutzen.“

Foto: Roland Niepaul / Volkswagen

Die Absage für den „Campus Sandkamp“ sei darüber hinaus kein Rückschritt, so Cavallo. Völlig klar sei: „Hier in Wolfsburg, mitten in Europa, muss weiterhin unsere beste, schnellste und eben auch schlagkräftigste Technische Entwicklung ihre Heimat haben. Unter allerbesten Voraussetzungen.“

Auch an Markenchef Thomas Schäfer sendete die Betriebsratschefin am Mittwoch einen Appell: „Sorgen Sie dafür, dass – auch mit Blick auf die Berichterstattung in den Medien – , wir wegkommen von den Schlagzeilen über Personalabbau bei VW. Und hinkommen zu Schlagzeilen, die vom Angriffs-Modus sprechen, in den wir jetzt gemeinsam umschalten, um mit unseren überzeugenden Produkten weiter nach vorne zu kommen!“

In Sachen Auslastung des Stammwerks in Wolfsburg sagte Cavallo: „Ende November, also nach elf von zwölf Monaten, lagen wir bei 453.000 produzierten Fahrzeugen. Wir können uns also alle nur die Daumen drücken, dass wir einen guten Jahres-Eendspurt hinlegen, damit die Marke der 500.000 wenigstens in Sichtweite kommt.“

In den beiden Jahren zuvor hatte die Jahresproduktion in Wolfsburg mit rund 400.000 Einheiten historische Tiefststände erreicht. Auch knapp 500.000 Fahrzeuge in 2023 wären noch keine Trendwende. Denn vor den jüngsten Einbrüchen der Jahreswerte hatte der Zehn-Jahres-Schnitt (Jahre 2010 bis 2020) bei knapp 780.000 Fahrzeugen gelegen. In die Richtung soll es laut VGW auch wieder gehen.

VW: Kilian und Schäfer antworten

Konzern-Personalvorstand Gunnar Kilian und Marken-Chef Thomas Schäfer gingen direkt auf Cavallos Rede ein. Kilian sagte: „Wir müssen Altersteilzeit und Ruhestandsregelungen in den kommenden Jahren maximal nutzen und Personal sozialverträglich verringern. Im Klartext heißt das: Wir müssen 20 Prozent unserer indirekten Personalkosten senken. Was mir dabei elementar wichtig ist: Es geht hier nicht um Kopfziele – sprich: 20 Prozent weniger Menschen. Es geht vielmehr um Kostenziele!“

Foto: Roland Niepaul

Das Performance-Programm beruhe nicht allein auf Personalmaßnahmen, betonte Kilian: „Der Großteil der zehn Milliarden, die wir in der Marke Volkswagen in 2026 heben müssen, werden über prozessuale und strukturelle Hebel erbracht werden.“

VW will „alte Zöpfe abschneiden“

Marken-Chef Thomas Schäfer sagte: „Wesentliche Teile des Programms für 2024 und die Folgejahre sind bereits entschieden und werden umgesetzt. Wir kommen gut voran. Klar ist: Wir müssen bei Volkswagen künftig an vielen Ecken mit weniger Leuten auskommen. Das bedeutet nicht Arbeitsverdichtung, sondern vielmehr: Alte Zöpfe abschneiden und keine Doppel- oder Dreifacharbeit zulassen.“