Die VW-Krise spitzt sich zu. Der Konzern hat angekündigt, dass in Zukunft auch Werke schließen könnten, um Kosten einzusparen.
Das Vorhaben sorgt bei Betriebsrat, Politik und Mitarbeitern für einen Aufschrei. Doch sollte der Worst Case wirklich eintreten, welche Werke könnte es dann treffen?
VW-Krise: Schließung in Wolfsburg?
Wer an VW denkt, dürfte sofort den Stammsitz in Wolfsburg im Kopf haben. Dort schlägt das Herz des Autobauers. Über 60.000 Mitarbeiter arbeiten in dem Werk am Mittellandkanal. Volkswagen baut hier nicht nur Golf, Tiguan & Co., auch Autoteile, wie Cockpit und Gelenkwelle rollen in Wolfsburg vom Band.
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In Wolfsburg ist die Hauptzentrale von VW, inklusive Forschung und Entwicklung. In Werksnähe gibt es 1.500 Mitarbeiter, die auf dem Büro-Campus arbeiten. Dort dreht sich alles um die Konzern-IT und um Digitalisierung. Dass es den Standort Wolfsburg treffen könnte, ist in Anbetracht dessen nicht wahrscheinlich. Allerdings könnte eine Verkleinerung infrage kommen, schreibt die Wirtschaftszeitschrift „Business Punk“.
VWN in Hannover – Ende einer Bulli-Ära?
Seit mehreren Jahrzehnten wird in Hannover der Bulli gebaut, auch der ID. Buzz läuft im Stöckener Werk vom Band. 14.200 Menschen arbeiten bei Volkswagen Nutzfahrzeuge in der Landeshauptstadt. Der Standort ähnelt dem Wolfsburger Werk in vielem. Von hier aus steuert VW das weltweite Geschäft mit Vans und leichten Nutzfahrzeugen.
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In der Gießerei produzieren Mitarbeiter Zylinderköpfe und Saugrohre für den ganzen Konzern. Daneben gibt es in Hannover auch noch die Wärmetauschfertigung. „Business Punk“ glaubt, dass es kurz- und mittelfristig teurer wäre, das Werk zu schließen oder die Produktion zu verlagern. Also auch hier gilt: Dass der Standort dicht macht, ist sehr unwahrscheinlich.
Steht Braunschweig auf der Kippe?
Es ist das älteste Werk, das es in Deutschland gibt: Seit 1938 baut Volkswagen in der Löwenstadt Autos. Ursprünglich galt es als Vorwerk für das Hauptwerk im benachbarten Wolfsburg. In Braunschweig arbeiten aktuell 7.000 Mitarbeiter, wobei es überwiegend um technisches Wissen geht – der Standort gilt als global führender und einer der größten Hersteller von Fahrzeugteilen.
Weltweit hat VW in Braunschweig außerdem die größte Achsen-Produktion. Fast alle Volkswagen-Fahrzeuge tragen Teile aus der Löwenstadt in sich. Denkbar wäre, dass VW die beiden Standorte Wolfsburg und Braunschweig zusammenlegt. Doch zwei Sachen sprechen dagegen: Zum einen die Standort-Tradition und zum anderen das Land Niedersachsen, das im VW-Aufsichtsrat sitzt.
DIESE Standorte wackeln
Eng könnte es für das Werk in Salzgitter werden. Über 63 Millionen Verbrenner-Motoren liefen hier seit 1970 vom Band. Immer noch 7.500 Mitarbeiter verdienen an dem Standort ihr Geld. Salzgitter gehört zur Volkswagen Group Components, produziert werden hier für den ganzen Konzern Komponenten, die Entwicklung spielt auch eine Rolle.
Mit der E-Offensive hat sich das Werk umgesattelt und sich auf den Bau von Rotor und Stator konzentriert. Die Teile verbaut man dann in die ID-Modelle. Doch es ist auch kein Geheimnis, dass die Elektro-Verkäufe bei VW nicht wirklich gut laufen. Und das Werk ist auch noch nicht fertig mit der Umstellung. Da Salzgitter und Wolfsburg nicht weit entfernt voneinander liegen, wäre eine Zusammenlegung denkbar. Der Standort könnte auf die Schließungsliste kommen.
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In Zwickau stehen die Zeichen schon auf E-Mobilität. Sechs E-Modelle für drei Konzernmarken bauen die Mitarbeiter am Standort in Sachsen. Das Werk umfasst die klassischen Bereiche wie Karosseriebau, Lackiererei und die Endmontage der Autos. Zusätzlich gibt es dort Zentren für die Herstellung von Sonderfahrzeugen, Erdgas-Racks und Anbauteilen aus Aluminium.
Eine Sache ist laut „Business Punk“ aber auffällig: Zwar arbeiten fast 10.000 Mitarbeiter in dem Werk, Stellen besetzen will man in Zwickau aktuell aber nur eine. Gesucht wird dabei ein Betriebsarzt. Ein mögliches Indiz dafür, dass die Zukunft des Werks auf der Kippe steht.
VW: Chemnitz könnte wackeln
Im gleichen Bundesland gibt es noch das Werk in Chemnitz. Der Standort baut Motoren und Komponenten. Letztere liefert man dann an die Komponentenwerke von Volkswagen. Um die 1.800 Mitarbeiter beschäftigt der Autobauer in der Stadt. Laut Magazin könnte es für den Standort eng werden. Denn Motorenkomponenten werden auch an anderen Standorten gebaut und Sachsen hat nicht die politische Unterstützung, so wie es Niedersachsen hat. Außerdem ist das Werk recht klein. Von daher: Auch hier könnte es eine Schließung geben.
Dresden, Frankfurt, Osnabrück, Emden und Kassel sollen demnach nicht in die engere Auswahl kommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Werke schließen könnten, ist für das Magazin relativ unwahrscheinlich.
Auto-Experte: VW-Werke in Niedersachsen sicher
Auch Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer hat sich zum Thema geäußert. Er sieht eine bestimmte Gruppe von Werken als besonders gefährdet an. Für ihn kommt VW gar nicht um eine Werksschließung in Deutschland herum. „Das wird aber nicht in Niedersachsen geschehen“, sagte er. „Die mit 20 Prozent beteiligte Landesregierung und die IG Metall werden dafür sorgen, dass sich rund um Wolfsburg nichts Wesentliches ändert.“ Im Umkehrschluss seien Werke außerhalb des VW-Kernlandes wie Kassel oder Zwickau besonders gefährdet.
Die negativen Absatzerwartungen von VW in Europa seien zum Teil auch hausgemacht, weil die Modellpalette überaltert sei und Softwareprobleme nach wie vor ungelöst erscheinen, sagte Dudenhöffer. Der Markt entwickele sich nicht so schwach, wie vom VW-Management erwartet. Die übrigen deutschen Hersteller seien zudem weit besser aufgestellt.
Das Geld verdienen andere
Ohnehin sei die Kernmarke schon seit vielen Jahren kaum profitabel, erläutert Dudenhöffer. Das Geld des Konzerns sei von Skoda, Porsche und Audi verdient worden, die VW mit durchgefüttert hätten. Auch eine andere Geldquelle versiege: „Im bislang starken China-Geschäft gibt es deutlichen Gegenwind. Von dort kommen keine dicken Schecks mehr.“
„Das größte Problem ist das Klumpenrisiko rund um Wolfsburg“, sagt der Experte. Viele andere Konzernteile könnten zu günstigeren Bedingungen wirtschaften. Es sei leider zu erwarten, dass der Konzern daran nichts ändern werde. (mit dpa)